Hinter den Kulissen
von Fluchtpunkt San Francisco
(Englische Originalfassung: Vanishing-Point)
Teil II - The Making of the Movie |
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Interview mit Cary Loftin und Barry Newman
24
Jahre nach der Premiere von Fluchtpunkt San Francisco ist die Euphorie
um den Film grösser denn je, zwischenzeitlich wurde sogar der Film mit
gleichem Inhalt neu verfilmt. James Kowalski hat nun einen Vornamen
erhalten.
Dieser Teil basiert auf zwei Interviews, eines mit dem damaligen
Stuntkoordinator Cary Loftin und natürlich mit dem Star des Filmes,
Barry Newman, Alias Kowalski. Die Interviews gaben Aufschluss über viele
Geheimnisse und zahlreiche erzählte Geschichten lösten sich in Rauch
auf.

Links Barry Newman &
Rechts Cary Loftin |
Cary Loftin hat in zahlreichen Hollywood-Filmen die Stunts koordiniert
und ausgeführt, wie z.B. in:
- Duell
- On the Beach
- Eine total, total verrückte Welt
- Grand Prix
Barry Newman singt ein grosses Loblied über Cary:
Er hat mich in dem
Film grossartig aussehen lassen!

Ein
wesentlicher Unterschied zwischen den Aufnahmen zum Film Bullitt und
Fluchtpunkt San Francisco war der Eindruck der Geschwindigkeit. Als der
Mustang und der Charger durch die Strassen von San Francisco rasten,
bewegten sich diese mit der wirklichen Geschwindigkeit. Für Fluchtpunkt
San Francisco wurden Zeitrafferaufnahmen gemacht. Die
Spitzengeschwindigkeit war gemäss Loftin 160 – 180 Km/h. Die Dodge
Challenger's hatten alle zu kurz übersetzte Hinterachsen und daher liess
man die Kameras im Zeitraffer laufen um den Eindruck von hoher
Geschwindigkeit zu vermitteln. Da es in der Wüste keine Nebeneffekte wie
spazierende Leute gab spielte der Trick überhaupt keine Rolle. Es sieht
dann wirklich so aus, ob ein Auto durch die Luft fliegt. Für die Szenen
mit dem Jaguar wurden die Kameras nur mit halber Geschwindigkeit laufen
lassen! Die Tatsächliche Geschwindigkeit war bis maximal 80 Km/h, auf
dem Filmstreifen vermittelten wir aber den Eindruck von 160 Km/h.
Barry Newman erinnert sich gut an die langsame Geschwindigkeit während
den Aufnahmen. Was passiert, wenn man ein Auto von der Seite aufnimmt,
man kann mit rund 50 Km/h vorbeifahren, es sieht aber aus, als ob man
mit 20 fährt. Dies aus dem Grund, weil die Perspektive weg ist und der
Zuschauer die Geschwindigkeit nicht abschätzen kann.
Gemäss Cary Loftin fuhr Barry Newman den Dodge Challenger während den
Dreharbeiten sehr gut. Er lernte so schnell mit dem Wagen umzugehen,
dass ich es nicht glauben konnte. Barry legte sogar ohne das Wissen des
Regisseurs eigene Stuntszenen ein. Wie z.B. die Szene vor dem Crash, auf
welcher Barry eine 180 Grad Wendung auf der Strasse macht und auf der
Strasse wieder zurückfährt. Loftin war allerdings nicht sehr
überrascht; er meinte, Barry Newman sei ein guter Zuhörer und Schüler!
Er hat während der gesamten Dreharbeiten grossartige Arbeit geleistet.

Das
Fahren durch die Wüste war gemäss Newman nicht nur Spass pur. Sie hatten
enorme Arbeit den Verkehr abzuriegeln. Er sei während der Dreharbeiten
einmal fast in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Das Filmteam sperrte
die Strassen in ca. 10 Km Entfernung ab um den Verkehr fernzuhalten,
während sie die Aufnahmen machten. Einer der Challenger wurde als
Kameraauto benutzt und war mit drei Kameras ausgestattet. Eine davon war
auf der Motorhaube montiert und filmte mit Blick durch die
Windschutzscheibe auf den Fahrer. Eine zweite Kamera wurde an der
Frontstossstange montiert, mit Blickrichtung voraus auf den
Mittelstreifen. Die dritte Kamera montierten sie an die Heckstossstange.
Während den Dreharbeiten hatten sie mit starkem Sonnenlicht zu kämpfen.
Es war während der Fahrt fast unmöglich mit dem Mix Sonnenlicht und
der Geschwindigkeit alles richtig zu sehen. Barry fuhr auf dem
kontrollierten Strassenabschnitt ca. 10 Kilometer und plötzlich sah er
wie ein Fahrzeug auf ihn zukommt. Es war jemandem gelungen durch die
Absperrungen auf diese Strecke zu gelangen. Barry zog in letzter Sekunde
nach rechts und steuerte den Dodge Challenger einen Hügel hinauf. Ein
paar Kameras fielen während des Manövers ab, aber alles ging gut. „Das
war knapp!“ meinte Barry Newman.

Für
die spektakuläre Crash-Szene am Ende des Filmes, in welcher Kowalski in
die Strassensperre aus Bulldozern rast, wurden spezielle Vorbereitungen
getroffen. Für die Vorbereitungen dieser Szene waren mehrere Tage an
Vorbereitungen nötig. Ein alter, weisser 1967er Chevy Camaro wurde
gekauft und für den Stunt vorbereitet. Hierfür wurden der Motor und das
Getriebe ausgebaut. Ein ausgeklügeltes System einer Zugvorrichtung,
welche Loftin in der Vergangenheit bereits des Öfteren erfolgreich
angewendet hatte, wurde installiert. Der Wagen wird dabei gezogen,
während des Zugvorganges bewegt sich der Wagen auch ohne Lenkung immer
in die Richtung zum „Drehpunkt“. Allerdings war die Strasse nicht eben
und der Wagen driftete während den ersten Versuchen immer von der
Strassenmitte ab. Ein Mechaniker stellte die Spur solange nach bis der
Camaro exakt in der Mitte der Strasse fuhr.
Ca. 400 Meter von den Bulldozern entfernt, stellten wir den Camaro auf, das Kabel
war etwas länger wie die Strecke. Die Strecke führte über einen
leichten Hügel, eine leichte Kurve nach links direkt hin zu den
Bulldozern. Als wir anfingen den Camaro zu ziehen, war dieser
nicht zu sehen. Wir waren nicht 100% sicher, dass es perfekt ablief,
aber nach all den Versuchen
waren wir zuversichtlich, dass der Stunt klappte. Der Camaro wurde mit
rund 130 Km/h gegen die Bulldozer gezogen.
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Mit
ausgebautem Motor und Getriebe hatten wir die Vermutung, dass sich der
Camaro hochkant überschlagen würde. Aber es kam anders. Er verkeilte
sich völlig in den Bulldozern, was auch zu einem viel besseren Effekt
des Crashs führte. Der gesamte Motorraum war vollgepackt mit
Sprengstoff und dieser sollte beim Aufprall mit den Bulldozern
hochgehen. Würde der Camaro während des Zuges von der Strasse abkommen
und auf einen harten Aufprall mit der Front haben, würde es den
Sprengstoff auslösen. Der Regisseur setzte die Schaufeln der Bulldozer
rund 20cm auseinander, es hatte gerade mal genügend Platz um das Kabel
durchzulassen. Auf die Frage von Sarafin, wann der letzte Moment sei die
Aktion abzubrechen gab ihm Loftin die Antwort: Ca. 2 Sekunden nach dem
Start der Szene (Action). Wenn der Camaro einmal in Fahrt sei, gäbe es
keine Möglichkeit mehr ihn zu stoppen. Das Einzige was ihn zum Stehen
bringen würde, wären die Bulldozer. Auf der anderen Seite der Bulldozer
wurde der 383er Dodge Challenger an das andere Ende des Kabels gekoppelt.
Wir verwendeten genau diesen Challenger, weil er das einzige Fahrzeug mit
einem Automatikgetriebe war. Mit einem 4-Speed würde während des
Schaltvorganges die Zugkraft auf den Camaro abfallen, das Kabel würde
durchhängen und er würde unkontrolliert auf der Strasse schlingern. Wir
wollten den Camaro nicht verlieren und einen weiteren Crash Wagen
besorgen. Der 383er verfügte wie die 440er über genügend Kraft den
Camaro zu ziehen.
Was
nach den Drehaufnahmen zu Fluchtpunkt San Francisco geschah, war fast
ebenso interessant wie die Dreharbeiten selber, erzählte Newman. Ein
Teil des Filmes wurde weggeschnitten um ihn von 107 auf 95 Minuten zu
kürzen. Da gab es eine wundervolle Szene, in welcher Kowalski eine
Anhalterin, gespielt von Charlotte Ramplin, mitnimmt. Die Anhalterin war
in schwarze Kleider gehüllt und stand leicht im Nebel. Sie hielt ein
Schild mit der Aufschrift „San Francisco“ in den Händen. Kowalski nimmt
sie mit. Während der Fahrt fragt sie ihn, wer er genau sei. Er antwortet:
Ein Autoagentur Fahrer. Sie verbrachten die ganze Nacht zusammen und
redeten. Sie sagte zu Kowalski: "Geh nicht weiter nach San Francisco" und
verschwand auf mysteriöse Art. Sie war das Symbol des Todes. Es war eine
sehr interessante Szene, weil sie dem Film wirklich einen sinnbildlichen
Schub gab und alles erklärte.
Barry Newman war gerade daran einen anderen Film zu drehen, als er einen
Anruf seines Agenten aus New York erhielt. Er sagte zu Barry, sie würden
den Film zerschneiden und ihn zweitranigen Film aussehen lassen. Sie
schneiden die „Ramplin“ Szene heraus, weil sie fürchten, das Publikum
würde nicht verstehen, warum das Mädchen plötzlich verschwindet.
Der
Film wurde daraufhin ohne die „Ramplin“ Szene veröffentlicht. Die
originale 107 Minuten Version wurde nie gezeigt. Fluchtpunkt San
Francisco hatte Ende Januar 1971 kaum mehr Ähnlichkeit mit der
Originalversion. Newman erinnert sich: 20th Century Fox, glaubte keine
Sekunde an den Film. Daher kippten sie den Film aus den grossen Kinos
und zeigten ihn nur in zweitranigen Kinos, aus welchen er auch nach
bereits zwei Wochen wieder verschwand. Fluchtpunkt San Francisco wurde
etwas später in London gezeigt. Dort wurde er zum grössten Kassenschlager
des Jahrzehntes. Wegen der immensen Popularität von Fluchtpunkt San
Francisco in England und Europa, wurde es zu einem Hintertür-Klassiker
und kehrte nun in die Top Kinos in den USA zurück.
Barry Newman ist erstaunt, der Film wurde während rund 10 Jahren in den
USA nicht mehr ausgestrahlt und doch stehen immer wieder Leute neben ihm
und sprechen ihn mit „Vanishing Point-Mann“ an und zeigen mit dem Daumen
nach oben.
Was war der Grund, weshalb Fluchtpunkt San Francisco so ein
Kultklassiker wurde?
Zu der Zeit als er gemacht wurde, erklärt Newman; lebten wir noch in den
Sechzigern, mit dem Individuum gegen die Institutionen. Das Individuum,
der Einsame, der Antiheld waren damals sehr, sehr populär und es war
sehr bewegend, wenn sich ein solcher Held selbst umbrachte. Der Tod von
Kowalski berührte die Leute und liessen sei mitleiden. Sie kamen zurück und
schauten sich den Film wieder und wieder an. Newman spielte Kowalski,
einen Mann, der zuvor gescheitert war. Er wollte ein Zeichen setzen und
durch die Bulldozer hindurch. Sein Lächeln soll zum Ausdruck bringen,
dass er mit seinem Leben abgeschlossen hat und er ist sich bewusst
ist, direkt in den Tod zu rasen.
Es
war sein Fluchtpunkt, es war seine letzte Fahrt!
Teil I - Kowalskis letzte Fahrt
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Teil III -
Who really was Kowalski
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