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Die zwei legendären Cannonball Europa Rennen von 1981 & 1982

Ein toller Bericht von Jupp Schlunke

 
   

 

 

Alle teilnehmenden Fahrzeuge und Teilnehmer sind bereits Oldtimer, ein Grund mehr darüber nach 30 Jahren zu berichten, wie es wirklich war ...

Es ist dies auch die Geschichte einer Beziehung, des Mercedes W126 und mir ...

 


Mit einem Artikel im April 1980 hat alles begonnen

Wir schreiben das Jahr 1980. Erinnern Sie sich?  Die Amerikaner scheitern bei dem Versuch Ihre Geißeln aus ihrer Botschaft in Teheran zu befreien, Alfred Hitchcock stirbt und Deutschland wird Europameister im Fußball. Die Olympischen Spiele finden in Moskau statt und F.J. Strauß verliert die Wahl zum Dt. Bundestag, Reagan wird US Präsident und John Lennon wird in NYC erschossen.

Im Playboy (April) erscheint ein Bericht über den Cannoball Express in den USA einem illegalen Straßenrennen von New York nach Los Angeles, benannt nach Ernest G. "Cannonball" Baker einem legendären Rennfahrer und Draufgänger der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. 1933 schaffte er die Strecke in einem Kompressor Graham in 53 Stunden und 30 Minuten. Highways gab es noch nicht und viele Strecken waren noch „Natur-(Staub-)Straßen“. 1971 wurde dann das Rennen wiederbelebt. Brock Yates (Autojournalist, Buchautor) und Hal Needham hatten die Idee. Brock gewann das erste Rennen mit

 

Der entscheidente Hinweis fand sich in der Ausgabe 2/81...

Dan Gurney (Formel 1 Fahrer) in einen Ferrari Daytona in 35 Stunden und 54 Minuten. Im Jahr 1975 unterboten zwei Piloten in ihrem Ferrari Dino den Rekord um 60 Sekunden. Im Jahr 1976 versuchte Brock und sein Team mit einem "umgebauten" Krankenwagen erneut den Sieg zu erringen. Auch andere hatten sich ähnliche „Verkleidungen“ einfallen lassen. Das Rennen ging für einige schon frühzeitig zu Ende, so auch für Brocks. Vollgas für die US V8s ist wohl nicht auf Dauer gut. Gewonnen hat schließlich ein schwarzer Jaguar von Dave Yarborough und Dave Heinz zwei hartgesottenen Rennfahrern aus dem Süden der USA in 32 Stunden und 51 Minuten. Nur lächerliche 8 Minuten später kam ein Mercedes W116 450SEL 6.9 in Ziel. Gesteuert von Tom Hickey einen Dozenten aus Harward, der zum Tanken Kreditkarten benutzt hatte und durch das Warten auf die Quittungen den Sieg möglicherweise verspielt hatte.

   

Diesen Bericht hatte ich gelesen, mir so meine Gedanken gemacht und mich wieder den alltäglichen Problemen im IT (damals noch EDV) Vertrieb beschäftigt.

Der Bericht geriet lange in Vergessenheit !


Das sollte sich schlagartig ändern als im Februar Heft des Playboy 1981 in der Rubrik „Das Playboy Magazin“ eine kleine Anzeige auf einer der letzten Seiten  (185) erschien. Wie elektrisiert lese ich vom 1. Cannonball Europe. Der Veranstalter ist mit Anschrift und Telefonnummer gelistet. Magisch angezogen wähle ich die Nummer … "Ja, es gibt noch einige Plätze" bekomme ich als Antwort auf meine entsprechende Frage. Die Startgebühr beträgt DM 1000 und ich reserviere mir einen Platz durch viel gutes Zureden, denn ich wusste nicht wie ich ein wettbewerbsfähiges Fahrzeug auftreiben sollte. Mein damaliges Fahrzeug war ein BMW 320i, gut genug um damit zügig von München nach Stuttgart in mein Vertriebsgebiet zu kommen, aber für Cannonball nicht geeignet. Der CJ7 Jeep schon gleich gar nicht. Wenn schon, dann wollte ich zumindest gut mithalten können. Woher bekomme ich ein entsprechendes Auto? Diese Frage lies mich nicht mehr los. Der Termin für das Rennen stand fest, es war der 25. bis 30. April 1981.

 
  Seite 135 im Playboy 4/1980 stand dieser Bericht über "Cannonball-Express".

Wie sich dann alles genau entwickelt hatte, versuche ich nun detailliert zu rekonstruieren. Ich war damals bei CDC der ersten "Super-Computer-Company". Was heute als "Software-as-a-Service" der "letzte Schrei" in der IT-Branche angepriesen wird, war vor 30 Jahren längst schon da und hieß "CyberNet Services". Es war die Benutzung von teurer Software nach einem „Pay by Use Model“

Einer meiner Kunden zu diesem Thema war MERCEDES in Untertürkheim.

     

MERCEDES hatte 1980 neue V8 Motoren (380 und 500) auf den Markt gebracht. Diese bestanden aus einem Alu-Motorblock dessen Zylinderwände durch eine "Ätzung" leicht „aufgeraut“ wurden um das Öl dort zu halten. Der Nachteil war, dass dieses Verfahren in der Serie noch nie vorher erprobt worden war. Das hatte zu Folge, dass die Motoren entweder in den ersten ca. 5000km einen „Reiber“ hatten, oder durchhielten. Der 380er Motor brachte es immerhin auf 218PS der 500er hatte 231PS.

 

Im Deutschen Werk Untertürkheim gab es eine Abteilung "Verfahrensentwicklung" (VEN) Der Leiter dieser Abteilung Herr Z. hatte eine Assistentin (Rosa O.) und die war der Schlüssel zur Teilnahme. Irgendwie hatte ich in Erfahrung gebracht dass Rosa sich einen schwarzen W107 (SL) als 380er bestellt hatte. Natürlich im Auftrag eines "Abnehmers" der das Fahrzeug nach 6 Monaten dann von ihr kaufen würde. Mit meinem Charme habe ich es tatsächlich geschafft Sie für eine Teilnahme am Cannonball Europe zu begeistern.

Wenige Wochen vor dem Start wurde ihr das Fahrzeug dann tatsächlich ausgeliefert. Bei einem meiner zahlreichen Besuche in Stuttgart durfte ich mich mit dem SL vertraut machen. Es war ein tolles Fahrzeug und die Kombination mit dem cognacfarbenen Leder ließ ihn sehr gediegen wirken. Von Stuttgart aus traten wir dann die Fahrt nach Stovring in Nord-Dänemark an. Stovring ist tatsächlich ziemlich weit im Norden von Dänemark. Im Sommer mögen sich dort die Touristen tummeln doch Ende April war noch gar nichts los. Bis die ca. 100 Fahrzeuge der Teilnehmer dort eintrafen. Spektakuläre Fahrzeuge wie Ferraris oder Lamborghinis waren eher die Ausnahme. In Erinnerung sind mir eher noch MERCEDES, PORSCHE, BMW, OPEL, FORD, VW und einige Exoten wie ein Lotus Super 7 oder ein MORGAN. Ein umgebauter W116 450SE als Pickup war auch mit dabei.

 
Der W116 als 450SE Pickup
 
 

Es hatte es sich schnell und in Windeseile herumgesprochen, und so versammelten sich bereits am Nachmittag viele Schaulustige um die Autos und Ihre Besitzer zu bewundern. Der Start erfolgte gegen 22:00 im Minutenabstand. Wie auf den Bildern zu sehen gab es leichten Raureif und es war ziemlich frisch. Der SL hatte auf der Fahrt nach Norden gut durchgehalten und die befürchteten Motorprobleme blieben aus. Nun wurde es spannend. Wir hatten uns eine Strategie zu Recht gelegt. Zum einen fuhr ich mit Smokingjacke, Weste und Fliege zum anderen wollten wir in Dänemark ohne Strafzettel durchkommen. Das Bezahlen und der Papierkram kosten Zeit. Darüber hinaus waren wir als Brautpaar unterwegs was mir später den Beinahmen "Der Heiratsschwindler" einbrachte, nach dem durch gesickert war was es mit Rosa mir und dem SL auf sich hatte. An die Startnummer (ausgelost) kann ich mich nicht mehr erinnern, aber dass mein Adrenalinspiegel am Start ganz oben war ist mir noch heute allgegenwärtig.

     

Der Heiratsschwindler ...

Eindrücke vor der Start ...


Nun ging es endlich los. Autobahnen in Dänemark gab es fast noch keine und so quälten wir uns in verhaltenem Tempo bis zur Grenze nach Flensburg. Unterwegs sahen wir schon den einen oder anderen Teilnehmer bei der Einzahlung in die "Sofortkasse". Der Grenzübertritt war auch etwas nervenaufreibend, denn wir hatten den Eindruck dass besonders genau kontrolliert wurde. Einmal auf der Deutschen Seite konnten wir endlich Vollgas geben. Über Hamburg, Hannover, Kassel Frankfurt ging es bei Straßburg über die Grenze nach Frankreich. Mit etwas über 5 Stunden für die fast 1000km waren wir gut unterwegs.

In Frankreich wurde es dann so langsam hell und wir fuhren zügig Richtung Mittelmeer. An zwei Dinge kann ich mich noch genau erinnern. Der böige Seitenwind ließ die Seitenscheiben aus ihren Gummiführungen an der A-Säule und am oberen Rand des Hardtops immer wieder "rausrutschen" was den Geräuschpegel bei Geschwindigkeiten jenseits von 200km/h extrem anstiegen lies. Hilfe brachte nur den Fuß vom Gas nehmen, die Scheibe etwas nach unten fahren und dann wieder hoch in die Führung zurückfahren. (Dank elektrischer Fensterheber)
 


 


Diese Prozedur führten wir unzählige male aus. Bei einem der Tankstops in Frankreich hielt neben uns ein anderer Teilnehmer mit einem "6.9". Er konnte es nicht fassen dass wir mit unserem 380 SL so gut mithalten konnten. Ernährt haben wir uns von Mars und anderen Müsli-Schokoriegeln sowie Orangensaft. Von Marseile ging es weiter über Narbonne zur spanischen Grenze. Hier unten war das Feld schon weit verstreut und jeder fuhr sein eigenes Rennen gegen die Uhr und die Müdigkeit. Irgendwann nach Alicante wurde es dann wieder dunkel. Die Autobahn war nur bis Alicante einigermaßen fertig gestellt. Ab dort ging es dann über Landstraßen nach Murcia und weiter Richtung Granada. Spätestens ab Murcia wurden noch einmal die letzten Kräfte gebraucht. Wir entschieden uns für die Fahrt über die Berge nach Granada und Malaga. Einige der Teilnehmer nahmen die Küstenstraße ... und bereuten es bitter.

Dennoch in der Dunkelheit über die Berge war auch nicht ganz ohne. Bei Motril erreichten wir die Küstenstraße. Nun nur noch etwas über 150km und wir waren am Ziel, dem Atalaya Park Hotel bei Marbella. Nach  ca. 25 Stunden erreichten wir das Ziel. Ich war die ganze Strecke (über 3500 km ) gefahren ... Das alles bedeutete Platz 34 ... Gewonnen hat übrigens ein W126 500SE (AMG) aus Hamburg. In etwas über 20 Stunden. Seine Spezialität war neben der Leistung des Motors, 320 PS und Rennfahrwerk, ein großer 90 l Zusatztank der es ihm ermöglicht hat nur einige wenige male zu tanken. Es wurde berichtet dass er simultan über zwei Zapfsäulen getankt hat. Bei ca. 8 Tankstops die wir gebraucht haben sind sicherlich 40-45 Minuten Zeit verstrichen.
 

 

Am  Tag nach dem Rennen war irgendwie die Luft raus, ich fühlte mich ausgebrannt. Es war vorüber und unsere Platzierung war ok aber nicht so wie ich es gehofft hatte. Trotzdem ließen wir natürlich irgendwie„die Kuh fliegen“. Den Rückweg traten Rosa und ich dann getrennt an. Sie mit ihrem SL und ich im Flieger ... Das Abenteuer war zu Ende und bei mir machte sich die „Katerstimmung“ breit. So hatte ich es mir nicht vorgestellt.

Doch es gab eine Fortsetzung im Jahr 1982 ...



Den zweiten Teil, der Cannoball Rennen Europa, demnächst auf mopar.ch